Rasches und richtiges Handeln ist in Notfällen ein Muss. Dass Notfälle eher selten sind, darf nicht zur Vernachlässigung der betrieblichen Notfallorganisation verleiten. Eine gute Notfallorganisation, funktionierende Erste-Hilfe-Massnahmen und gut instruiertes Personal retten Leben und mindern den Schaden.
Bei einem Notfall im Betrieb kann durch rasches und richtiges Handeln das Schadenausmass minimiert werden. Dies ist aber nur möglich, wenn die wesentlichen Abläufe im Vorfeld definiert, regelmässig instruiert und situationsgerecht geübt werden. Jedes betriebliche Sicherheitssystem sollte deshalb eine entsprechende Notfallorganisation enthalten. Diese muss auch beim Einsatz von Drittfirmen im Betrieb gewährleistet sein.
Jeder Arbeitgeber muss für eine geeignete Notfallorganisation sorgen. Aber nicht jeder Arbeitgeber muss gleich viel tun. Die Grösse und Lage des Betriebs, die vorhandenen Gefährdungen, die Art der Arbeitsplätze, die Ausbildung der Mitarbeitenden, die einsetzbaren Kommunikationsmittel und die benötigten Ausrüstungen sowie Kennzeichnungen sind Faktoren, die den Umfang und den Detaillierungsgrad einer Notfallorganisation bestimmen (siehe Infobox). Sie unterscheiden sich von Betrieb zu Betrieb.
Die Faktoren, die für den Umfang und den Detaillierungsgrad einer
Notfallorganisation massgebend sind, hängen stark von den jeweiligen
betrieblichen Verhältnissen ab. Jeder Betrieb muss seine Notfallorganisation
individuell konzipieren und die nötigen organisatorischen Massnahmen
ergreifen.
Verletzte Personen müssen möglichst schnell gut versorgt werden. Das ist nur
möglich, wenn alle Mitarbeitenden wissen, wie sie sich im Notfall verhalten
müssen. Verhaltensregeln, besonders in Notfällen, sollte man deshalb
regelmässig üben, damit sie im Ereignisfall auch wirklich richtig angewendet
werden. Die Suva verweist auf Verhaltensgrundsätze, die sich in der Praxis
bewährt haben:
Der Faktor Zeit ist unabhängig vom betrieblichen Notfallkonzept immer wichtig. Wie Studien zur Rettungsdienstleistung zeigen, spielen die Minuten bis zur professionellen Notfallversorgung eine überragende Rolle zur Senkung der Sterblichkeitsrate und der Verringerung von Folgeschäden bzw. Behandlungskosten.
Alarmieren Mitarbeitende im Notfall schnell, an die richtige Stelle, mit der korrekten Information? Prüfen sie dies regelmässig mit einer der folgenden Fragen: „Was unternimmst du: wenn Rauch aus einem Raum qualmt; wenn ein Kollege schwer stürzt und verunfallt; wenn jemand plötzlich niedersinkt und bewusstlos liegenbleibt?“
Neben der ersten Nothilfe ist auch im Zeitalter der elektronischen Medien eine Liste mit den wichtigsten Notfallnummern absolut notwendig. Sie sollte an zentralen Stellen aufgehängt und kontinuierlich aktualisiert werden.
Auch im Brandfall, bei Umwelt- oder anderen Ereignissen ist das Alarmieren zentral. In diesem Fall bedeutet das auch:
Um die schnelle Evakuation und allenfalls Rettung zu gewährleisten, müssen die Fluchtwege markiert und frei sein. Im betrieblichen Alltag wird oft vergessen, dass die Zufahrten für Feuerwehr, Ambulanz und Polizei nicht blockiert werden dürfen.
Laut Artikel 40 der Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV) müssen vorhandene Alarmanlagen und Feuerlöscheinrichtungen gut zugänglich und instandgehalten werden. Zudem muss das Personal über die Brandmeldung und das Verhalten bei Bränden orientiert sein.
Das erste Glied in der Rettungskette ist die Nothilfe bzw. die Erste Hilfe. Der Betrieb hat je nach Grösse und Risikopotential eine entsprechende Anzahl Nothelfer/Ersthelfer auszubilden. Zudem muss das Erste-Hilfe-Material entsprechend den vorhandenen Risiken ausgewählt, vollständig und griffbereit an gekennzeichneten Standorten bereitstehen.
Ein Unfall kann für die Betroffenen und die Beteiligten zu Hilflosigkeit, Erschrecken und grosser Verunsicherung führen, welche mit Schlafstörungen, ängsten und Nervosität einhergehen können. Diese akuten Belastungsreaktionen sind normal. Sie klingen nach wenigen Stunden und Tagen ab. Hier ist es wichtig Hilfe anzubieten. Falls nötig, kann in Absprache mit Polizei und Notfalldiensten ein professionelles Care-Team aufgeboten werden.
Bei ca. 7 % der Unfallopfer und ebenso vielen Zeugen von Unfällen oder Gewalt klingen die Symptome auch nach mehreren Wochen nicht ab. Hier spricht man vom posttraumatischen Syndrom, welches sich in traumatischen Bildern, erhöhter innerer Spannung, emotionaler Abstumpfung und Vermeidungsverhalten äussert. In diesem Falle ist die Betreuung durch eine psychologisch geschulte Fachperson nötig.
Zu guter Letzt sollten unerwünschte Ereignisse wie Unfall, Brand, Sachschaden usw. immer systematisch abgeklärt werden. Ziel dieser Abklärungen ist es, ähnliche Ereignisse in Zukunft zu vermeiden und gleichzeitig das betriebliche Sicherheitssystem zu verbessern. Ein optimiertes Sicherheitssystem trägt dazu bei, dass die Notfallorganisation möglichst selten aktiviert werden muss. Und falls doch ein Notfall eintritt, sorgt eine gute Notfallorganisation dafür, dass schnell und professionell die richtigen Massnahmen ergriffen werden.
Weitere nützliche Informationen zum Thema finden Sie unter:
Artikel 36 in der Wegleitung Verordnung 3 zum ArG, «Erste Hilfe»
Suva.ch > Sicherheitssystem
(ASA) > Notfallorganisation
Dieser Artikel wurde in ungekürzter Fassung erstmals im EKAS Mitteilungsblatt Nr. 82 im Mai 2016 publiziert. Autoren: Urs Näpflin, Dr. phil. I, Psychologe, Leiter Fachgruppe Beratung BGM, Suva, Luzern und Beat Wegmüller, Dipl. Masch.-Ing. HTL, Sicherheitsingenieur, Bereich Gewerbe und Industrie, Suva, Luzern.